22.02.2024

Jugend ist nicht mehrheitsfähig - Jugendhilfeausschuss beschließt Einsparungen auf Kosten von Jugendarbeit und Beratungsangeboten

Mit breiter Mehrheit aus CDU, FDP, PUG und SDP hat der Jugendhilfeausschuss am 21. Februar beschlossen, bei Beratungen für Schwangere und Opfer von häuslicher Gewalt sowie Personal in der Jugendarbeit zu sparen.

Die Träger der freien Jugendhilfe übernehmen an verschiedenen Stellen wichtige Aufgaben, die nicht im kommunalen Aufgabenportfolio stehen. So berät z.B. Dialog e.V. in den Aufgabengebieten Sexualisierte Gewalt bei Kindern und Jugendlichen, häuslicher Gewalt oder anderen Themen für junge Mädchen. Rund 100.000 € standen in sieben verschiedenen Trägeranträgen für Beratung und Unterstützung der Jugendarbeit zur Debatte. Weniger als einen Monat nachdem die über 3,5 Millionen Euro teure Generalsanierung des Badelandes mit breiter Mehrheit im Rat beschlossen wurde, gab es im Ausschuss keine Mehrheit dafür, junge Menschen und Menschen in Notlagen mit geeigneten Angeboten zu vergleichsweise geringen Kosten zu unterstützen. Die langfristigen Kosten, die aus fehlenden Angeboten entstehen, werden um ein Vielfaches höher sein, als die beantragten Summen. Folgekosten entstehen durch notwendige Interventionen, die durch eine gute Beratungslandschaft und präventive Angebote in der Jugendarbeit verhindert werden können. Gerade die Pandemie hat die Probleme insbesondere bei jungen Menschen noch verstärkt und da sind verschiedene Beratungsstellen und gut ausgestattete Jugendarbeit wichtige erste Anlaufpunkte.

In Wolfsburg gab es in den letzten Jahrzehnten viele positive Investitionen in diesen Bereichen. Diese werden nun durch die anhaltende Inflation, Kostensteigerungen durch einen höheren Tarifabschluss und ausbleibende Anpassungen bei den Zuschüssen wieder aufgeweicht. Aus eigenen Mitteln ist es für Träger kaum möglich, diese Umstände zu kompensieren. Eine fehlende Anpassung ist damit eine versteckte Kürzung.

Diesem Umstand wurde im Sozialausschuss noch durch eine interfraktionelle Mehrheit Rechnung getragen und die Zuschüsse für die Träger an den aktuellen Tarif angepasst. Im Jugendhilfeausschuss genügte das Werben nicht. Angesichts des vor kurzem verliehenen Siegels „Kinderfreundliche Kommune“ hätte sich der Stadtjugendring eine Positionierung der Parteien für die Anpassungen der Zuschüsse gewünscht. Insbesondere deshalb, weil die freien Träger ihre hochwertigen Angebote ohnehin schon zu geringeren Kosten anbieten, als es der Kommune möglich ist. Dadurch kann, entgegen der gesetzlichen Grundlage, eine kommunale Monopolbildung anstatt der erforderlichen Subsidiarität befördert werden.

Wir erhoffen uns für die Zukunft eine stärkere inhaltliche Diskussion und Unterstützung durch die politischen Vertreter*innen als das in diesem Ausschuss der Fall war. Von der Verwaltung erwarten wir angemessene Vorschläge für Einsparungen, die eine bestmögliche Angebotslandschaft erhalten und nicht ausschließlich auf Kosten der freien Träger gehen dürfen. Wir setzen darauf, dass die konstruktive Zusammenarbeit der vergangenen Jahre nun wieder möglich wird.


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