Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Weil,
Sehr geehrte Frau Ministerin Reimann,
wir schreiben ihnen heute, da die Wahrnehmung und der Umgang mit verbandlicher Jugendarbeit in Niedersachsen mit Verlaub unterirdisch sind!
Jugendverbände in Niedersachsen engagieren sich in der Corona-Pandemie seit dem ersten Tag für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Für Wolfsburg heißt dies zum Beispiel, dass mit dem ersten Tag des Shutdowns die Jugendarbeit, und insbesondere die ehrenamtlichen Jugendgruppenleiter*innen, die Koordinierung von Hilfsangeboten unterstützt hat und viele Verbände in den lokalen, größtenteils stadtteilbezogenen Hilfsangeboten für die Bürgerinnen und Bürger mitgewirkt haben. Natürlich waren wir mit dabei, ein temporäres Tafelangebot zu schaffen, als die Tafel in Wolfsburg aufgrund der Risikogruppen unter ihren Unterstützern nicht mehr öffnen konnte. Vor allen Dingen bieten die Jugendverbände durch kreative Angebote und Lösungen (z.B. Jugendfeuerwehrausbildung-to-go, Kreativ- und Spieleboxen Lieferservice, …) sowie nicht zuletzt durch die vielen Online-Angebote die Möglichkeit mit seiner Gruppe, seinen Freunden den Kontakt zu halten.
Kurz: Jugendverbände leisten seit dem ersten Tag in dieser Krise und unterstützen insbesondere Kinder und Jugendliche, die mit ihren Bedürfnissen und Nöten in diesen Zeiten politisch ja eh nur eine Nebenrolle spielen.
Mit der aktuellen Verordnung des Landes Niedersachsen vom 25.05.2020 heißt es:
„§3 21. der Besuch und die Inanspruchnahme offener, gruppenbezogener und gemeinwesenorientierter Angebote der Kinder- und Jugendhilfe für bis zu 10 Personen einschließlich der Aufsichtspersonen, unter Aufsicht von pädagogischen Fachkräften, wobei die Fachkräfte von ehrenamtlich Tätigen in der Jugendarbeit, die im Besitz einer Jugendleitercard sind, unterstützt werden können und sicherzustellen ist, dass jede Person beim Betreten und Verlassen der Einrichtung sowie beim Aufenthalt in der Einrichtung einen Abstand von mindestens 1,5 Metern zu jeder anderen Person, die nicht zum eigenen Hausstand gehört, einhält.“
KEINEN anderen Organisationen oder Betreibern von Einrichtungen wird in diesem Erlass sonst vorgeschrieben spezielles Personal zur Aufsicht bereit zu stellen. Ehrenamtliche Jugendverbände müssen nach diesem Erlass jedoch „pädagogisches Fachpersonal“ bereithalten. Dieses Vorgehen entbehrt jeglicher Fachlichkeit! Wie sie selbst beschreiben, bedarf es in Deutschland zur Leitung einer Jugendgruppe der Jugendgruppenleitercard, also einer Schulung von mindestens 30 Zeitstunden (in Niedersachsen sogar 50 Zeitstunden) sowie einer regelmäßigen Auffrischung alle drei Jahr bedarf. Warum man dieser qualifizierten Personen derartige Hürden auferlegt ist für uns Unverständnis, unverhältnismäßig und falsch. Gleichermaßen stehen die Ausbildungen von pädagogischen Fachkräften in keinerlei direkter Beziehung zu der Überwachung von Hygienemaßnahmen und Abstandsregelungen, es handelt sich um pädagogisch fachliche Qualifikationen. Angesichts der zuvor beschriebenen Leistungen, welche die Jugendarbeit in diesen Zeiten für die Gesellschaft erbringt, ist der Erlass ein doppelter Schlag ins Gesicht von allen in der Jugendarbeit ehrenamtlich Engagierten in Niedersachsen.
Wir fordern Sie auf, diesen Missstand umgehend aufzuheben!
Für die Wolfsburger Jugendverbände und mit freundlichen Grüßen,
Christopher Donath, Vorsitzender